Briefe Charlotte v. Stein an Goethe, 1810 und 1826

Stand 31.7.2025

Die Handschrift der Charlotte von Stein

Zu Zeiten der Charlotte v. Stein und von Goethe schrieb man mit Federkielen (meist von Gänsefedern) und auch die Tintenqualität war noch nicht mit der späterer Jahrzehnte vergleichbar.
Zum Schreiben mit dem Federkiel benötigte man noch

  • ein Federmesser zum Beschneiden des Federkiels.
    Die Feder muss zugeschnitten und speziell behandelt  werden.
    … Nach wenigen Zeilen muss nachgeschnitten oder neu geschnitten werden.
  • ein Fässchen mit der schwer trocknenden Eisengallus-Dinte [Tinte].
    Die Feder wird nur etwa einen halben Zentimeter tief in die Dinte getaucht, damit sie nicht zu viel Dinte aufnimmt.
    … Der Federkiel muss immer wieder neu eingetaucht werden.
  • eine Streusandbüchse zum Ablöschen des Geschriebenen.
    … Die schwer trocknende Dinte wird mit Sand bestreut.
    Der Sand wird anschließend abgeblasen oder abgeschüttelt.

Wegen der Form des Federkiels verwenden übrigens Rechtshänder die Federn des linken Flügels, Linkshänder die Federn des rechten Flügels.
Ist ein Brief geschrieben und die Dinte trocken, werden die Blätter gefaltet (mit dem Geschriebenen nach innen). Briefumschläge gab es nicht.
Dann werden auf die Außenseite der Name und die Adresse des Empfängers geschrieben.
Zum Abschluss wird der Brief mit Siegelwachs und Petschaft verschlossen. Dazu wird ein Tropfen erhitzen Siegellacks auf die gefalteten Blätter gebracht und ein Siegel eingedrückt.

Etwa 1822 setzte in England die Massenproduktion von Stahl-Schreibfedern ein, die Verbreitung in Deutschland begann aber erst nach 1830.

Die „alte“ deutsche Handschrift wird als Kurrentschrift (lateinisch currere = laufen), Laufschrift oder Kursive bezeichnet.
In der uns „geläufigen Optik“ (ca. 1900, wie (neben Sütterlin) die Oma oder Uroma schrieb) entstand sie erst langsam im 17. Jahrhundert, entwickelte und veränderte sich bis ca. 1900 ständig weiter – in außerordentlicher Vielfalt, Uneinheitlichkeit, ohne einheitliche Regeln. Kleinstaaterei, mangelhafte Schulbildung der „normalen“ Bevölkerung und die jahrzehntelange Anwendung der französischen Sprache bei Hofe, alles hat sein Beitrag dazu geleistet.

  • 1714 wurde in Preußen erstmals eine Normschrift als Schulschrift eingeführt.
  • Ab ca. 1750 kommt es zumindest zu Bestrebungen, die Rechtschreibung und die Orthographie zu vereinheitlichen.
  • Erst 1901 wurden erstmals einheitliche Richtlinien für die deutsche Rechtschreibung festgelegt.

Wie geschrieben wurde, war oft noch nicht einmal am selben Ort (Kleinstaat, Stadt, Dorf) gleich, sondern oft auch davon geprägt, wo und bei wem der Schreiber einmal zur Schule gegangen war.

Das ist auch bei vielen Dokumenten des Weimarer Hofes so zu finden und bei einzelnen Buchstaben auch bei Goethe (der Hesse); es erschwert oft das Lesen dieser Handschriften erheblich.
Auch enthalten Dokumente aus dieser Zeit schon einmal bestimmte Buchstaben in gleich drei ganz verschiedenen Schreibweisen und andere „Überraschungen“.

Innerhalb dieser Uneinheitlichkeit hatte Charlotte v. Stein wenigstens noch eine recht saubere Handschrift, was man z. B. bei Goethe eher nicht behaupten kann.

Übrigens wurde schon um 1900 über die Abschaffung der Kurrent- und Frakturschrift und dafür die Hinwendung zur Antiqua, der lateinischen Schrift, als Druck- und Schreibschrift diskutiert. Bei einer Reichstagsabstimmung am 17.10.1911 wurde aber der Antrag auf Abschaffung der deutschen Schrift mehrheitlich abgelehnt.
Erst im Jahr 1941 wurde dann der Schlussstrich für die deutsche Druck- und Schreibschrift vollzogen.

(Süß, Harald: Deutsche Schreibschrift – Lesen und Schreiben lernen – Lehrbuch, Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München 2020)

Quellenangaben zu den abgebildeten Handschriften:
Linke Spalte:
– Brief von Charlotte v. Stein an Goethe, Ende Februar 1810. GSA 28/885 Digitalisat Nr. 79
– Brief von Charlotte v. Stein an Goethe, 28. August 1826. GSA 28/121, Bl 426 Digitalisat Nr. 109.
Briefausschnitte: GSA – diverse Briefe der Charlotte v. Stein.

Bei Art und Form der Darstellung des Alphabets bin ich noch am überlegen, zeige hier nur mal temporär eine frühere Entwurfsskizze.
3 A4-Seiten, Stand 31.5.2024
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Zum Vergleich und auch für die Jüngeren mal die Handschrift, die ich in der Schule gelernt hatte:

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